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Musik 1/1
August 2008
Countrymusik -
Vom unschuldigen Lande in die kommerzielle Großstadt
Die Countrymusik ist neben der Klassik eine der ältesten Musikrichtungen der westlichen Welt. Zurückverfolgen lässt sich die Entstehung dieses Musikgenres bis zu den (hauptsächlich britischen) Zuwanderern Nordamerikas. Die Volksmusik, die aus Ländern wie Irland und Schottland mit in die Neue Welt gebracht wurde, entwickelte in der neuen Umgebung ein Eigenleben. Sang man früher über die Landschaften und Lebensweisen Großbritanniens, so wurden nun die Erwartungen und Hoffnungen auf dem neu entdeckten Kontinent thematisiert. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde diese Art der musikalischen Unterhaltung vor allem im sogenannten "Wilden Westen" sehr beliebt. Da diese Musik größtenteils in ländlichen Gegenden auf Interesse stieß, wurde sie von der höheren Gesellschaft in den Großstädten als Hillbilly-Musik (Hillbilly ist ein Ausdruck, der im Deutschen dem Begriff "Hinterwäldler" ähnelt) bezeichnet. Und so war die Musik bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts nur in einzelnen amerikanischen Regionen bekannt.
Die typischen Instrumente der Countrymusik waren zu Beginn ausschließlich Saiteninstrumente (Fiddle, Mandoline, Bass und verschiedene Gitarrenmodelle, z.B. Banjo und Steel Guitar). Mit jeder neuen Stilrichtung, die sich innerhalb des Country entwickelte, kamen aber neue und modernere Instrumente hinzu. Seit der Einführung des New Country Ende der 1980er ist die Countrymusik mit jeglichen anderen Musikrichtungen und -instrumenten kombinierbar.
Daniel in Dasing / Foto: Rolf Hank
Back to the roots
1922 gab es die erste Schallplatten-Aufnahme eines Künstlers, der dem Countrygenre zugeordnet werden konnte: "Sallie Gooden" von Fiddler A.C. Robertson. Zu Beginn wurde diese Musik in den Chartlisten unter der Bezeichnung "Country & Western" geführt. Es dauerte nicht lange und die Countrymusik hatte mit Jimmie Rodgers und der Carter-Familie ihre ersten Stars, die auch über die regionalen Grenzen bekannt wurden und sogar kleinere Touren in andere Bundesstaaten absolvieren konnten. 1927 startete die wöchentliche Countryshow in der Grand Ole Opry (langlebigste Radiosendung der Welt, existiert seit 1925). Dort aufzutreten ist eine Pflicht und natürlich auch eine Ehre für jeden, der in der Countryszene einen Namen hat.
In den folgenden Jahrzehnten wurden, auch durch die Unterstützung der Musikindustrie, verschiedene Stilrichtungen des Country erfunden und bekannt gemacht. Ende der 30er gab es die ersten Aufnahmen des Bluegrass. Bill Munroe und seine Blue Grass Boys gelten als Urväter dieser temporeichen und mit afroamerikanischen Tanzrhythmen angereicherten Stilrichtung. Obwohl der Bluegrass nie den Durchbruch in den Mainstream geschafft hat, gibt es regelmässig erfolgreiche Künstler in diesem Bereich, aktuell das Geschwistertrio Dixie Chicks.
Zur gleichen Zeit entstand in den Südstaaten der Honky Tonk. Der Unterschied zum bisherigen Country lag vor allem in neuen Themen und der elektrischen Verstärkung der Instrumente. Vor allem in Tanzklubs fand der Honky Tonk schnell viele Anhänger und gilt auf Grund der treibenden Grooves und Rhythmen als Vorreiter des Rock & Roll.
Obwohl Countrymusik sich immer weiter in Amerika verbreitete, kristallisierte sich Nashville (Tennessee) als Hauptsitz der Countryindustrie heraus. Viele Musiker, die sich im diesem Genre versuchen wollten, zogen nach Nashville, um dort eine Karriere zu starten. In den 50ern und 60ern stammten 75% aller Veröffentlichungen der Countrymusik aus Nashville-Produktion. Um mit der aufkommenden Rock & Roll-Szene konkurrieren zu können, wurde der Countrysound zum ersten Mal mit Popelementen gemischt, um eine erfolgreiche Produktion zu garantieren. Die kommerziellen Erfolge brachten diesem Stil die Bezeichnung "Nashville Sound" ein. Die bekanntesten Künstler dieser Zeit waren Elvis Presley (bevor er zum Rock & Roll wechselte), Johnny Cash, Glen Campbell und Lynn Anderson (ihr Hit "Rose Garden" ist weltweit einer der erfolgreichsten Countrysongs).
Der Nashville Sound war erfolgreich, wurde mit der Zeit aber eintönig. So gab es Ende der 60er eine langsam aufkommende Gegenpartei, die sich in Texas unter dem Namen "Outlaw-Bewegung" gründete und aus musikalischer Sicht wieder mehr Ecken und Kanten in der Countrymusik forderte. Anführer dieser Bewegung waren Musiker wie Willie Nelson, Waylon Jennings und Johnny Cash, der sich inzwischen vom Nashville Sound entfremdet hatte und einen Neuanfang starten wollte.
Pascal Wrage · Foto: Rolf Hank
 
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