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Gesellschaft & Medien 7/12
März 2005
Zu alt, um Fan zu sein?
Spätestens dann wird der erwachsene Fan als reif für die Klapsmühle eingestuft und entweder mitleidig belächelt oder sieht sich gar aggressiven Verbalattacken ausgeliefert: "Wie kannst du nur! Du verhälst dich unmöglich! Und das in deinem Alter!"
Nicht jedem Fan fällt es leicht damit umzugehen. Viele leben ihr Fan-Sein nur im Verborgenen aus, in ständiger Angst vor dem Spott, sollten Kollegen oder Freunde entdecken, dass sie Faniels sind.
Von einer anderen Variante des vollkommenen Unverständnisses dafür, dass eine erwachsene Frau Fan von Daniel ist, berichtete erst kürzlich eine Userin der Danielwelt. Im Gespräch mit einer Kundin hatte sie erwähnt, dass sie zu einem bestimmten Termin keine Zeit habe, weil sie da ein Daniel-Konzert besuchen würde. Die Kundin fragte daraufhin gänzlich entgeistert: "Steht der denn auf sowas wie SIE?"
Deutlicher kann wohl nicht zum Ausdruck gebracht werden, wie schwer sich offensichtlich viele Menschen damit tun, dass Daniel auch ältere Fans hat.
Dabei ist die Frage, ob Daniel auf die älteren Fans "steht", an sich schon absurd. Nüchtern betrachtet ist die Beziehung zwischen einem Künstler und seinen Fans in allererster Linie eins: eine Geschäftsbeziehung. Der Künstler bietet seine Kunst an - die Fans sind die Konsumenten, die bereit sind dafür zu zahlen.
Niemand käme wohl auf die Idee zu fragen, ob der Bäcker, der seine Brötchen an den Mann oder die Frau bringen will, auf seine KundInnen "steht". Er mag es angenehmer finden, eine junge, hübsche Kundin zu bedienen - aber letztlich zählt, dass die Brötchen gekauft werden. Ein Bäcker, der nur an Kunden verkaufen will, die er sich auch als potenzielle Lebenspartner vorstellen kann, würde ziemlich schnell Konkurs gehen.
Genauso irrational ist also auch die Frage, ob ein junger Künstler wie Daniel auf seine älteren Fans "steht". Denn genau genommen müsste diese Frage dann auch auf die jungen Fans angewandt werden. Wer weiß schon, welchen Typ Fan er bevorzugt? Blonde oder Dunkelhaarige? Dicke oder Dünne? Große oder Kleine? Temperamentvolle oder Ruhige? Mädchen oder Junge? Die Liste ließe sich noch fortführen.
Ein Künstler kann sich seine Fans nicht aussuchen - genauso wenig, wie der Bäcker sich seine Kunden aussuchen kann. Und es erscheint ziemlich unwahrscheinlich, dass er das überhaupt will. Denn für die zugrundeliegende Geschäftsbeziehung sind Aussehen, Alter, Temperament, sozialer Status und was es sonst noch alles gibt vollkommen unerheblich.
Aber auch die umgekehrte Frage, wieso man als erwachsene/r Mann/Frau Fan eines 19-Jährigen sein kann, ist letztlich absurd. Und zeigt, wie sehr die Öffentlichkeit Probleme mit dem Phänomen Daniel Küblböck hat.
Jedes Wochenende pilgern Tausende erwachsener Menschen - meist Männer - in die Fußballstadien. Geschmückt mit den Insignien ihres Vereins. Und niemand kommt auf die Idee, dies für nicht altersgemäß zu halten, obwohl der Fanatismus der Fußball-Fans nicht selten sogar die Grenze zur Gewaltbereitschaft überschreitet. Familiäre Verpflichtungen, Freizeit, Geld - alles wird dem heißgeliebten Fußball untergeordnet. Andere nehmen weite Reisen auf sich, um bei einem Formel-1-Rennen dabei sein zu können. Und sie huldigen Michael Schumacher & Co.
Ein Großteil dieser Fans ist auch deutlich älter als es ihre Idole sind - aber niemand stört sich daran.
Gleiches gilt auch für die unterschiedlichsten Künstler. Hat ein Patrick Lindner nur Fans in seiner Altersklasse? Und wie sieht das mit der Volksmusik aus? Gerade in dieser Sparte sind die Fans meist deutlich älter als die Künstler. Zu Heintje-Konzerten strömten nicht etwa gleichaltrige Kinder, sondern erwachsene Frauen. Und ob es unter den männlichen und weiblichen Julia-Roberts-Verehrern keine über Vierzig gibt, darf stark bezweifelt werden.
Umgekehrt findet es niemand verwunderlich, wenn auf den Konzerten der "Rolling Stones" auch junge Leute abrocken, die längst die Enkel dieser Altherren-Riege sein könnten.
Es ist also vollkommen unsinnig, irgendeine Beziehung zwischen dem Alter eines Künstlers und dem seiner Fans herzustellen. Freuen wir "Gruftie-Faniels" uns darüber, im Herzen jung und begeisterungsfähig geblieben zu sein und lassen jene, die das nicht verstehen können oder wollen, einfach links liegen. Wir sind niemandem Rechenschaft schuldig! Sollen sie uns allesamt für ein Phänomen halten - ich bin gerne eins...

Inge Radinger
Foto: Bettina Lietz



Schwarze Pädagogik Teil 2

Fortsetzung aus Im Endeffekt 5
Im ersten Teil der Serie zum Thema "Schwarze Pädagogik" ging es um die Zielsetzung dieser Erziehungsart, die durch eine gewaltsame Disziplinierung des Kindes "nützliche Mitglieder" der patriarchalisch-leistungsorientierten Gesellschaft erschafft. Im zweiten Teil wollen wir uns nun damit beschäftigen, wie diese Disziplinierung im Einzelnen ausschaut. Dazu zitiere ich hier noch einmal die aus Alice Millers Buch "Du sollst nicht merken" stammenden "Grundregeln", nach denen schwarze Pädagogik funktioniert:

- die Erwachsenen sind Herrscher, nicht Diener des abhängigen Kindes

 
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