"Oh Happy Day"
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Ich konnte ein leises Unbehagen im Publikum spüren, waren uns doch die "Jungs" und die Sängerinnen von "Starlight" seit der "BTTR-Tour" ans Herz gewachsen. Dies war auch für Daniel eine Premiere und vielleicht betonte er deswegen zur Begrüßung, dass er nervös sei.
Es war unbegründet; nach dem ersten Song merkten alle, wie gut Daniel mit dieser Band harmonierte, er legte sein Jackett ab und die Fans sich beruhigt zurück. Wer Daniels Konzerte kennt weiß allerdings, dass dies nicht lange dauert und die folgenden Songs wie „A thousand times“ oder „On a night like this“ obligatorisch im Stehen mitgetanzt werden. Auch meinen Howard Carpendale-Fan hielt es nicht mehr auf der Kirchenbank, sie stellte sich auf den Seitengang, um besser mitswingen und -klatschen zu können - na also!
Bei den Balladen kam dann dieses besondere Kirchenambiente zur Geltung, ein wunderbarer Raumklang mit etwas Halleffekt, es war zum Niederknieen ergreifend. Natürlich fehlte "Amazing Grace" an diesem Abend nicht, doch der Höhepunkt sollte noch kommen...
Daniel stellte die Band vor, nicht ohne aus einem Andreas einen Alexander zu machen, seine Fans lieben diese kleinen Patzer; Daniel ist nicht perfekt. Auf den Konzerten ist er wie einer von uns, mal aufgeregt, mal albern bis zum Losprusten und dann doch wieder ganz Profi in seine Musik versunken, so dass man glauben könnte, in die Schweißperlen auf seinem Gesicht hätte sich die eine oder andere Träne gemischt. Wieder einmal zeigte er uns, dass er seine Songs nicht nur singt, sondern lebt.
Der eben erwähnte Höhepunkt des Konzertes war für mich und für viele andere Fans wohl auch, als Daniel "Oh Happy Day" ankündigte. Ein glückliches Raunen ging durch die Kirche. Daniel inszenierte diesen Gospelsong zu einem gewaltigen Erlebnis, als er alle Konzertbesucher zu einem riesigen Chor zusammenfasste. Er dirigierte seine Fans durch die Melodie und ließ dann die Balkone mangels Stimmvolumen zur "Strafe" noch mal allein singen, bis er zufrieden war und der gesamte 450 Stimmen starke Chor dann wieder den Refrain singen durfte. Ein Spektakel der Meisterklasse. Ich fühlte mich in einen amerikanischen Gottesdienst versetzt, und wohl die meisten in dieser Kirche auch.
Ich sah mehrmals am Abend den Initiator H.Müller mit ehrfürchtig schwenkenden Armen am Seitengang Richtung Bühne gehen. So was hatte er wohl noch nicht erlebt. Und auch für uns küblböckgewohnte Fans war es ein einmaliges, bleibendes Erlebnis.
Seit dem Kölnkonzert ist Hilde Knefs "Für mich soll's rote Rosen regnen" ein absolutes Muss für Daniel, und dieses Lied wurde von den Fans heiß erwartet. Wie müssen sich die wenigen "Nichtfans" gewundert haben, als auf einmal die Wuppertaler Kirche zum Wiener Opernballsaal wurde und alles zu diesem Klassiker mitschunkelte und mitsang? Daniel unterstrich dieses Erlebnis, indem er bestimmte Textpassagen nur von den Fans singen ließ, und diese vor Begeisterung über ihr eigenes Können manchmal lachen mussten. Dieses unbeschreibliche "Wir-Gefühl" kam wieder auf, diese Einheit vom Sänger und seinem Publikum.
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Zum Schluss kamen natürlich die üblichen Zugaberufe, auf die Daniel selbstverständlich vorbereitet war. Sein allerletztes "My Way", obligatorisch, stimmte er ohne „Notfall-Text“ an - und es wurde ihm zu einem herzerfrischenden Verhängnis. Daniel sang eine Strophe, die er sonst nicht singt. Genau dies brachte ihn dann wohl aus dem Konzept und er improvisierte ein paar Textpassagen freihändig zusammen, die aber durchaus einen Sinn ergaben. Irgendwann schlug er dann doch mit einem verlegenen Lächeln sein Songheft auf und schaute kurz auf die entsprechende Seite. Das war mal wieder eine typisch köstliche Daniel-Situation, und er weiß, dass er durch solche Szenen von seinen Fans nur noch mehr geliebt wird.
Obwohl das Wuppertaler Konzert kürzer war, als Daniels sonst übliche 3 ½ Stunden-Shows, gingen alle mit einem Strahlen aus der Kirche. Mir fiel auf, dass die Ordner auch so etwas wie einen verklärten „Aha-Effekt“ auf den Gesichtern hatten, als sie uns verabschiedeten. Tja, in der Kirche ist schon manchen Menschen eine Erleuchtung gekommen – und wohl auch bei diesem Konzert.
Die Veranstalter waren ebenfalls sehr beeindruckt von dem gelungenen Abend, und einige Fans berichteten später, sie wären sogar mit dem Auto zum Bahnhof chauffiert worden – was will man mehr.
Vielen Dank, Daniel, für dieses unvergessliche Erlebnis. Beim nächsten „Kirchenkonzert“ bin ich auf jeden Fall dabei – auch wenn es in einer Friedhofskapelle nachts um 12 im Februar stattfindet.
Ulrike Schlichtherle
Fotos: Sandra Janke (Im Endeffekt)
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