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Daniable 13/18
Juli 2005
Filderstadt
Konzertbericht Filderstadt
Der Beginn eines Danielkonzerts ist ein Naturereignis! Daniel „betritt“ keine Bühne – er ergreift von ihr Besitz. Die Filderstädter Bühne bietet Daniel und seiner Mannschaft genügend Platz und verfügt außerdem noch über eine breite Treppe zum hinteren Teil hin. Die Ausleuchtung ist um Klassen besser als in Hamburg, und auch die Akustik macht im Vergleich eine deutlich bessere Klangfigur. Wie von selbst bilden sich wellenartig Schwingungen zwischen Künstler und Publikum, die Massen werden eins…. Daniel winkt und reißt die Arme hoch, und alle tun es ihm nach.
Wie erschreckend ist solch ein Gruppenphänomen? Heute noch eine homogene Masse, werden sich diese Menschen spätestens übermorgen wieder etwas ausgedacht haben, worüber sie geteilter Meinung sein werden, dieser Gedanke beruhigt mich wieder. Gleichzeitig wundere ich mich darüber, dass wir zu besonderen Anlässen zufrieden sind mit dem, was uns verbindet – und dass wir ansonsten so eifrig nach dem suchen, was uns trennt… geben wir unsere Egos bei den Konzerten eigentlich an der Garderobe ab? Reicht uns das Individuum auf der Bühne, um unsere eigene Einzigartigkeit für kurze Zeit zu vergessen? Oder können wir Einzigartigen es tatsächlich zweieinhalb Stunden lang schaffen, unser egoistisches Selbst im Hintergrund zu halten und alles, worüber wir uns tagtäglich so gerne echauffieren, einfach mal stehen zu lassen? Einen Menschen umarmen, dem wir aus irgendwelchen Gründen grad nicht so grün sind, weil uns in diesem verzauberten Moment die Unterschiede und Meinungsverschieden-heiten egal sind? Keine Rolle spielen müssen?
Ich sehe Daniel unmittelbar vor mir, während er zu „You drive me crazy“ lasziv die Hüften schwingt. Mir wird auf einmal bewusst, dass da kein süßer, putziger Typ mehr steht, sondern ein ausgewachsenes, männliches Wesen – ein männliches Wesen frisch aus den 80’ern, in grünbuntem T-Shirt und Jeans, eine männliche Nena, nur kraftvoller, energiegeladener…
Daniel probiert sich aus an diesem Tag. Jede Bewegung sitzt. Jeder Blick ist authentisch bis ins Mark. Daniel spielt mit den Zuschauern, und er spielt mit sich selbst. Er interagiert mit uns, und ich fühle, wie er unsere Reaktionen tief in sich aufsaugt, um sie kurz danach wieder umzusetzen in eine weitere Drehung, eine weitere Bewegung, einen erneuten, kraftvollen Blick ins Publikum. Das Publikum rast.
Das Programm nimmt seinen Lauf. Daniels Stimme ist kraftvoll, sicher und bestimmt. Kein Vergleich zu Hamburg. In Filderstadt klingen die Töne. Die begabten Vögel singen… und was er alles mit dieser neu gewonnenen Sicherheit veranstaltet!!
Die Band kommt fast nicht mehr mit mit Daniels gewagten Improvisationen, er singt hoch, wechselt überraschend zur Unterstimme, er trillert, er verlässt die vertrauten Gefilde und gibt ein Solo nach dem anderen. So habe ich ihn noch nie gehört.
Werbepause. Klamottenwechsel.
Daniels Outfit für den nächsten Abschnitt entschädigt für die Zwangspause… zu „Born in Bavaria“ erscheint er im Holzfällerhemd und dazugehöriger Jeans, aus der der String blitzt und der Bauchnabel über der Leisten-gegend… und wieder gibt er sich nicht mit einer regulären Interpretation des Liedes zufrieden… was ich am nächsten Tag in Mainz vermissen werde, hier stimmt es noch: Die Chemie zwischen den Musikern und dem Sänger… sie spielen sich die Bälle einfach nur hin und her, Daniel fängt auf, was die Gitarristen ihm hinwerfen, und die Gitarristen ihrerseits stellen sich ganz in Daniels Dienste, wenn ihn mal wieder die Lust am Improvisieren überkommt….
Foto: Evi Broäter
Foto: Evi Broäter
Das Ganze wird so frisch und natürlich präsentiert, dass man fast vergessen möchte, dass man einem durchstrukturierten Programm beiwohnt…. Genauso gut hätte dies eine erfolgreich improvisierte, völlig spontane Jam-Session sein können….
Besonders fällt mir Daniels absolute Konzentration auf.
Zu „Proud Mary“ holt er sich eine Zuschauerin auf die Bühne, und die Auserwählte macht ihre Sache sehr gut, es ist wirklich ein Vergnügen, ihr und Daniel zuzuschauen, wie sie sich gegenseitig umgarnen und umtanzen…
 
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