Schwarze Pädagogik
Teil 3
Fortsetzung von Seite 1
Viele von uns sind zunächst geprägt durch hierarchische Strukturen.
Von Kindesbeinen an lernen wir, dass es immer eine Person gibt,
die höher steht als wir selbst, die uns befehlen kann und darf,
und der wir Rechenschaft gegenüber schuldig sind. Sind es zunächst
die Eltern, die über Wohl und Unwohlsein bestimmen wie Götter,
so werden es später die Lehrer in der Schule, danach vielleicht
Ausbilder im Beruf, Vorgesetzte oder auch Politiker, die scheinbar
übermächtig über die Lebenssituation entscheiden dürfen. Da niemand
einem beibrachte, selbstständig und verantwortungsvoll das eigene
Handeln bestimmen zu dürfen, verfallen viele langsam dem Glauben,
keinerlei „Macht“ über das eigene Wohlbefinden zu haben. In der
Folge finden sich viele Menschen später auch in Partnerschaften
wieder, die von klar abgegrenzten Machtverhältnissen bestimmt
sind statt von einer ausgewogenen Verbindung, in der sich beide
Partner gleichwertig mit Problemen auseinander setzen dürfen.
Aus den hierarchischen Strukturen heraus ergibt sich zwangsläufig
das Konkurrenzverhalten. Will man sich „durchsetzen“, um „Erfolg
zu haben“, so muss man „größer, schneller, weiter“ sein als die
„Konkurrenz“. Hat jemand neben uns eine Begabung, die doch allen
dienlich sein könnte, so neiden wir sie ihm lieber, statt sie
zu bewundern, da der Vorteil des anderen unseren persönlichen
Nachteil bedeuten kann. Zusätzlich gewöhnen wir uns an Disziplin
und Strenge, denn nur diese Eigenschaften helfen uns dabei, voranzukommen.
Verbindungen zu anderen Menschen werden häufig allein aus dem
einen Grund geschlossen, um einen Vorteil oder Nutzen daraus zu
ziehen.
Eine mögliche Folge dieser zugegebenermaßen
sehr schwarzmalerischen Darstellung ist in logischer Konsequenz
der Rückgang von echten Gefühlen, deren gesunder Entwicklung ja
bereits in der Kindheit ein Riegel
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vorgeschoben wurde: Wir haben gelernt, gesunde Aggressionen zu
unterdrücken und sie den Wünschen anderer (zunächst unserer Eltern)
unterzuordnen. WUT kennen wir nur negativ belastet, wir haben
erkannt, dass unsere eigene Wut uns nur schadet und uns im schlimmsten
Falle von denjenigen entfernt, die uns lieben und versorgen. ANGST
ist ebenfalls kein Gefühl, das unserem beruflichen oder privaten
Fortkommen dienlich ist. Niemand gibt gern zu, Angst zu haben.
Allein in dieser Formulierung liegt die Ironie: Angst zu haben
muss „zugegeben werden“, so verwerflich scheint diese Emotion
in unserer Gesellschaft. Männern ist sie gar ganz verboten.
Bedingt durch diese ungesunde geistige Entwicklung werden derlei
unerwünschte Emotionen zur Seite gepackt und im Unterbewusstsein
vergraben. Kommen sie doch einmal wieder an die Oberfläche (Gefühle
lassen sich nie ganz abtöten!), so geschieht dies häufig in Form
von Zuweisungen und Projektionen. Projektionen zeigen oft die
geheimen Wünsche des Projizierenden, die er sich niemals erlauben
würde, frei zu artikulieren. Worin besteht eine Projektion? In
der negativen Übertragung des eigenen geheimen Bedürfnisses auf
eine andere Person. Ein Beispiel: Eine konservativ-verschlossene
Frau geht durch den Englischen Garten und regt sich über eine
leicht bekleidete Sonnenanbeterin auf. Unfähig, ihr eigenes Sehnen
nach einem freieren Umgang mit der eigenen Weiblichkeit oder Sexualität
zu erkennen, verurteilt sie eben dieses an der anderen Person.
Tatsächlich können wir an den Punkten, die uns an anderen Menschen
missfallen, oft erkennen, was wir selbst uns innerlich verwehren.
Ein gutes Beispiel für das Projizieren von unerfüllten inneren Wünschen und
Bedürfnissen findet sich häufig im Umfeld von Künstlern. „Kunst“
gilt im Allgemeinen nicht als Lebenszweck. Hart arbeiten soll
man, im Schweiße seines Angesichts, für das tägliche Brot – für
„Firlefanz“ und „Larifari“ hat die Gesellschaft keinen Platz.
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