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Gesellschaft & Medien 5/6
Juli 2005
Schwarze Pädagogik Teil 3
Viele von uns sind zunächst geprägt durch hierarchische Strukturen. Von Kindesbeinen an lernen wir, dass es immer eine Person gibt, die höher steht als wir selbst, die uns befehlen kann und darf, und der wir Rechenschaft gegenüber schuldig sind. Sind es zunächst die Eltern, die über Wohl und Unwohlsein bestimmen wie Götter, so werden es später die Lehrer in der Schule, danach vielleicht Ausbilder im Beruf, Vorgesetzte oder auch Politiker, die scheinbar übermächtig über die Lebenssituation entscheiden dürfen. Da niemand einem beibrachte, selbstständig und verantwortungsvoll das eigene Handeln bestimmen zu dürfen, verfallen viele langsam dem Glauben, keinerlei „Macht“ über das eigene Wohlbefinden zu haben. In der Folge finden sich viele Menschen später auch in Partnerschaften wieder, die von klar abgegrenzten Machtverhältnissen bestimmt sind statt von einer ausgewogenen Verbindung, in der sich beide Partner gleichwertig mit Problemen auseinander setzen dürfen.
Aus den hierarchischen Strukturen heraus ergibt sich zwangsläufig das Konkurrenzverhalten. Will man sich „durchsetzen“, um „Erfolg zu haben“, so muss man „größer, schneller, weiter“ sein als die „Konkurrenz“. Hat jemand neben uns eine Begabung, die doch allen dienlich sein könnte, so neiden wir sie ihm lieber, statt sie zu bewundern, da der Vorteil des anderen unseren persönlichen Nachteil bedeuten kann. Zusätzlich gewöhnen wir uns an Disziplin und Strenge, denn nur diese Eigenschaften helfen uns dabei, voranzukommen. Verbindungen zu anderen Menschen werden häufig allein aus dem einen Grund geschlossen, um einen Vorteil oder Nutzen daraus zu ziehen.
Eine mögliche Folge dieser zugegebenermaßen sehr schwarzmalerischen Darstellung ist in logischer Konsequenz der Rückgang von echten Gefühlen, deren gesunder Entwicklung ja bereits in der Kindheit ein Riegel
vorgeschoben wurde: Wir haben gelernt, gesunde Aggressionen zu unterdrücken und sie den Wünschen anderer (zunächst unserer Eltern) unterzuordnen. WUT kennen wir nur negativ belastet, wir haben erkannt, dass unsere eigene Wut uns nur schadet und uns im schlimmsten Falle von denjenigen entfernt, die uns lieben und versorgen. ANGST ist ebenfalls kein Gefühl, das unserem beruflichen oder privaten Fortkommen dienlich ist. Niemand gibt gern zu, Angst zu haben. Allein in dieser Formulierung liegt die Ironie: Angst zu haben muss „zugegeben werden“, so verwerflich scheint diese Emotion in unserer Gesellschaft. Männern ist sie gar ganz verboten.
Bedingt durch diese ungesunde geistige Entwicklung werden derlei unerwünschte Emotionen zur Seite gepackt und im Unterbewusstsein vergraben. Kommen sie doch einmal wieder an die Oberfläche (Gefühle lassen sich nie ganz abtöten!), so geschieht dies häufig in Form von Zuweisungen und Projektionen. Projektionen zeigen oft die geheimen Wünsche des Projizierenden, die er sich niemals erlauben würde, frei zu artikulieren. Worin besteht eine Projektion? In der negativen Übertragung des eigenen geheimen Bedürfnisses auf eine andere Person. Ein Beispiel: Eine konservativ-verschlossene Frau geht durch den Englischen Garten und regt sich über eine leicht bekleidete Sonnenanbeterin auf. Unfähig, ihr eigenes Sehnen nach einem freieren Umgang mit der eigenen Weiblichkeit oder Sexualität zu erkennen, verurteilt sie eben dieses an der anderen Person. Tatsächlich können wir an den Punkten, die uns an anderen Menschen missfallen, oft erkennen, was wir selbst uns innerlich verwehren.
Ein gutes Beispiel für das Projizieren von unerfüllten inneren Wünschen und Bedürfnissen findet sich häufig im Umfeld von Künstlern. „Kunst“ gilt im Allgemeinen nicht als Lebenszweck. Hart arbeiten soll man, im Schweiße seines Angesichts, für das tägliche Brot – für „Firlefanz“ und „Larifari“ hat die Gesellschaft keinen Platz.
Foto: Corinna Kahl Ganz besonders natürlich nicht, wenn sich damit nicht viel Geld verdienen lässt. Ein Beispiel: Ein Literaturagent, der selbst ein philologisches sowie philosophisches     Studium
Literatur:
"Das weibliche Prinzip"
Elworthy, Scilla
ARISTON Verlag
Kreuzlingen 1997
ISBN: 3426774062
"Erwecke die Göttin in Dir"
Simpson, Liz
URANIA Verlag
Neuhausen (CH) 2001
ISBN: 3908653363
 
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