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Gesellschaft & Medien 3/9
Januar 2007
Wenn Lassie zur Last wird...
Wer Vögel artgerecht halten will, muss vieles beachten – ohne ausreichende Kenntnisse ist dies nicht zu verwirklichen.
Wer nun glaubt, Lurche, Reptilien oder Fische seien eine einfache Alternative, liegt völlig falsch. Es würde zu weit führen, auf die Bedürfnisse dieser Tiere einzugehen – nur soviel: ihre Haltung sollte in jedem Fall nur wirklichen Experten vorbehalten bleiben! Das gilt ganz besonders für alle Arten von Schildkröten und Echsen, aber auch die Bedürfnisse eines "Allerweltfisches" wie z.B. des Goldfischs sind viel anspruchsvoller, als sich mancher vorstellen kann. Wer glaubt, ein kleines Aquarium oder gar die unsäglichen runden "Goldfischbecken" würden für die Haltung ausreichen und Arbeit würde das alles auch nicht machen, kann seine Tiere auch gleich "entsorgen" – sie werden eh nicht lange überleben.
Was aber ist nun mit den beliebtesten Haustieren, nämlich Hunden und Katzen? Für sie gilt dasselbe, was bisher gesagt wurde: ohne genaue Kenntniss ihrer Bedürfnisse werden die Besitzer nicht lange Freude an ihnen haben – und die Tiere bezahlen es mit einem bedauernswerten Leben. Viele Hunde- und Katzenbesitzer fühlen sich bald überfordert von den Ansprüchen der Tiere. Und spätestens, wenn der nächste Urlaub vor der Tür steht, wird das Tier zur Last und dann nicht selten einfach ausgesetzt.
Katzen schärfen ihre Krallen nun mal an allem, was sich dazu anbietet. Wer wertvolle Ledersessel besitzt, sollte sich die Anschaffung einer Katze lieber dreimal überlegen. Sie müssen auch hin und wieder die beim Putzen ihres Fells aufgenommenen Haare auswürgen – das hinterlässt Flecken auf dem Teppich und ist auch nicht jedermanns Sache. Überhaupt die Haare: Hunde wie Katzen haaren – und zwar gewaltig! Kleidung, Möbel...nichts bleibt von den Haaren verschont. Manche Hunderassen haaren zwar so gut wie gar nicht, sie erfordern dafür aber einen regelmäßigen Besuch beim Hundefriseur und der geht ins Geld. Wie überhaupt die Kosten für Tierhaltung nicht unterschätzt werden sollten. Denn zum täglichen Futter kommen noch Tierarztkosten hinzu und bei Hunden dürfen auch Hundesteuer und Tierhalterhaftpflicht nicht vergessen werden. Unzählige Hunde werden jedes Jahr in Tierheime abgeschoben, weil die Besitzer die anfallenden Kosten nicht mehr aufbringen können.
Hunde bringen auch viel Schmutz in die Wohnung. Und sie müssen erzogen werden! Viel zu viele Anfänger unterschätzen den dafür notwendigen Zeitaufwand. Das Ergebnis sind Hunde, die Jogger und Radfahrer jagen, Besucher anspringen, stundenlang sich selbst überlassen die Nachbarschaft durch Dauerkläffen in den Wahnsinn treiben oder sogar bissig werden. Für den überforderten Besitzer ist der "beste Freund des Menschen" dann nur noch ein lästiges Übel, das von Glück sprechen kann, wenn es in einem Tierheim abgegeben und nicht einfach
ausgesetzt wird. Gerade bei der Anschaffung eines Hundes ist es immens wichtig, sich über die diversen Rassen und deren Eigenarten zu informieren. Ein echter Hundefreund wird sich seinen Begleiter danach aussuchen, ob er dessen Bedürfnissen Rechnung tragen kann – und niemals danach, ob ihm sein äußeres Erscheinungsbild gefällt.
Einer der größten Fehler, die bei der Haltung von Katzen und vor allem Hunden gemacht wird ist, diese zu vermenschlichen. Ein Hund muss Hund sein dürfen – und nicht wie eine lebende Puppe behandelt werden. Kleidchen und ähnlicher Schnickschnack gehören auf den Müll und nicht an den Hund! Früher kamen Hunde zum Tierarzt, weil sie sich verletzt hatten oder an Staupe erkrankt waren – heute müssen sie behandelt werden, weil zu viel "Liebe" und Leckerchen bei ihnen dieselben Zivilisationskrankheiten verursachen wie beim Mensch: Übergewicht, Arthrose, Diabetes u.v.m.
Dazu kommt die Neigung des Menschen zu immer grotesker anmutenden Züchtungen, denen vor allem Hunde, aber seit einigen Jahren auch Katzen vermehrt zum Opfer fallen. Manche Rassen haben Nasen, die so kurz sind, dass die Tiere kaum noch atmen können, bei Erregung zu "schnorcheln" anfangen oder im Schlaf schnarchen. Wer jemals in seinem Leben an Atemnot litt, kann ungefähr nachempfinden, welch armseliges Leben Vertreter dieser Rassen führen. Andere haben so runde Köpfe, dass die Augäpfel herausfallen. Oder sie sind so winzig, dass sich die Fontanellen am Schädel nicht schließen und die Schädeldecke schon beim Toben mit Argenossen zerbricht. Wieder andere Rassen werden so riesig oder so schwer gezüchtet, dass sie sich kaum noch fortbewegen können. Das Durchschnittsalter, das diese Riesen erreichen, liegt deutlich unter dem anderer Rassen.
Foto: Inge Radinger Wer sich wirklich darüber im Klaren ist, was es heißt, die Verantwortung für ein Tier zu übernehmen und dieser auch für ein ganzes Tierleben lang nachzukommen, der wird viel Freude an seinem Haus-genossen haben. Und nur dann sind Tiere – vor allem Hunde und Katzen – auch ein wunderbarer Freund für die Kinder. Tiere brauchen viel Zeit und Zuwendung, man kann sie nicht einfach zu Hause oder beim Nachbarn "parken", weil man mal wieder keine Zeit für sie hat. Dies muss immer die ganz große Ausnahme sein! Wahre Tierliebe zeigt sich daher nicht selten im Verzicht auf Tierhaltung.
Text und Fotos: Inge Radinger
 
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