zurück zur Startseite
Alles Theater 18/19
April 2016
Interview mit Daniel
Ich brauche diesen Nervenkitzel gerade und es macht mir einfach unglaublich viel Spaß. Ich finde auch unsere Dozenten unglaublich professionell. Wie oben schon gesagt, meine erste Dozentin hat selber am Theater gespielt, das sind alles Leute, die Dinge mitbringen, die ich selber gar nicht so reflektieren kann und auch selber niemals sagen würde, dass das so war, wo ich denke: nee, so sehe ich mich nicht. Aber eine Theaterschauspielerin oder Dozentin sagt natürlich: Doch, da sind Dinge, die hast Du an Dir, die in der Rolle jetzt gerade nicht „important“ sind, das ist nicht wichtig.
IE: Hat sich nach der ganzen Zeit jetzt schon etwas herauskristallisiert, was macht dir am meisten Spaß von den Ausbildungsinhalten?
Daniel: Theater-Theorie finde ich unglaublich spannend, bei Anne-Sylvie König, eine tolle Dozentin, die auch an der Ernst-Busch-Schule unterrichtet. Da geht das los mit griechischer Antike, momentan Sturm und Drang Zeit, Gesellschaft und Familie.
Ich fand die griechische Antike total faszinierend, da hat man ja alles durchgenommen - Orestie, Antigone, diese ganzen alten Schinken, die ja noch vor Christus auf die Bühne kamen. Ich bin ja immer mein ganzes Leben auf der Bühne und merke eigentlich, was für eine kleine "Luft" ich bin, weil die da ja schon vor tausenden von Jahren auch schon alles gegeben haben auf der Bühne. Wenn man bedenkt, dass das erste Stück über 400 Jahre v. Chr. entstanden ist, dann ist das schon echt faszinierend. Da ist man dann als Künstler schon ein bisschen ehrfürchtig und denkt: Die haben alle was gemacht, und die waren alle irgendwie wichtig und toll, und jeder hat sein Bestes versucht, von den ganzen Schriftstellern mal abgesehen.
Ich habe momentan ein Referat gehalten über "Hinkemann" von Ernst Toller. Das ist ein Heimkehrerdrama aus der expressionistischen Zeit. Das war so die Zeit, als die Krieger nach Hause kamen aus dem 1 .Weltkrieg. Dieser Mann hat seine Hoden, also seine "Männlichkeit", im Krieg verloren. Dieses Stück finde ich unglaublich toll, vielleicht könnt Ihr das in Zukunft auch nochmal für die Leser/innen der "Im Endeffekt" thematisieren. Mein Großvater hat auch damals im Krieg seinen Arm verloren, kam zurück. Er hat dann zwar seine Frau gefunden, meine Oma, hat aber trotzdem immer dieses "Manko" gehabt, niemand hat das psychisch aufgearbeitet mit einem. Man ist wieder in der Gesellschaft angekommen, die anders war als vorher. Ich finde, das ist ein sehr, sehr gutes Stück.
Der Unterricht in Theorie und Theaterkunst am Europäischen Theaterinstitut ist schon sehr vielfältig und interessant. Ich bereue das zu "null-komma-null", das kann mir keiner mehr nehmen. Das ist so interessant, man hat das gelernt und gelesen und sich da durchgekämpft durch jedes einzelne Buch. Als ich die ersten drei Bücher fertig gelesen und durchgearbeitet hatte - wir mussten immer Zitate da raus suchen - war ich immer so stolz und dachte: wieder ein Buch fertig. Und jetzt ist das schon so Routine.
IE: Ende Februar hattest Du Deinen ersten Monolog-
abend, für den Dir die Fans die Daumen drücken sollten. Magst Du uns etwas darüber erzählen?
Daniel: Ich habe mir für den Monologabend aus dem Stück "Der Geizige" von Molière - ein französischer Dramatiker - die Rolle des Harpagon ausgesucht. Das ist eine Rolle eines etwas älteren Herrn, der sehr, sehr geizig ist und sehr introvertiert gegenüber den Frauen; seine Frau ist verstorben. Ein sehr spezieller Typ, der eigentlich alles hasst außer sich selbst und sein Geld. Wir sitzen da ja anschließend in so einer Diskussionsrunde und mir wurde von meinem Dozenten gesagt, dass ich sehr "alt" war und sehr alt gespielt habe und das sehr überzeugend rüberkam, aber ich muss noch daran arbeiten, dass man im Theater auch kopieren darf. Ich bin ja kein "Kopierer". Eine Dozentin hat zu mir gesagt: „Schäme dich nicht, Dinge auch zu kopieren, das gehört beim Theater dazu.“ Wenn du singst, ist es toll, eigene Dinge reinzubauen, aber beim Theater darf man auch die "Commedia dell'arte" - die Zeit, in der das Stück entstanden ist, kopieren, man darf Bewegungen kopieren - und da trau ich mich noch zu wenig.
IE: Neben Deiner Ausbildung stehst Du weiterhin noch regelmäßig als Sänger auf der Bühne. Glaubst Du, dass Du auch dort das eine oder andere, was Du auf der Schauspielschule lernst, einsetzen kannst?
Daniel: Ja. Es gibt im Theater immer einen Spannungsbogen: der baut sich auf, und dann gibt es den Höhepunkt, und dann gibt es den Punkt, wo das Ganze wieder ein bisschen zum Ursprung zurückkehrt, ich sag mal wie das Universum, wie wir alle eigentlich. Es gab den Urknall und dann hat sich alles zu einem stimmigen System geformt. Und so ist es auch auf der Bühne. Du baust eine Dynamik auf und nach dem Höhepunkt machst Du eine Wende, um das Ganze wieder abzubauen. Da habe ich mir echt nie Gedanken drüber gemacht. Als ich das letzte Mal am Rosenmontag aufgetreten bin, da habe ich das auch so gemacht: ich habe das aufgebaut, diese Thematik, habe dann einen Song präsentiert und das Publikum stand Kopf. Ich weiß nicht, ob Ihr das Video gesehen habt, aber die waren ja völlig happy. Über so etwas macht man sich sonst keine Gedanken.
Ich möchte natürlich auch weiterhin "Daniel" sein auf meiner Bühne. Da möchte ich auch kein Theaterschau-
spieler sein. Aber ich probiere gerne mal ein paar Sachen aus. Trotzdem möchte ich auf meiner Daniel-Küblböck-Bühne der Daniel sein, der ich immer war und da werde ich mich auch nicht verstellen. Aber wenn es ums Theaterspielen geht, dann gibt es eben diesen Punkt, den du finden musst, um eine Wende in dem ganzen Stück zu schaffen. Vielleicht auch heute Abend hier - nur ich und Klavier, das ist ja schon ein bisschen wagemutig, viele Künstler trauen sich das gar nicht, live nur so mit Klavier zu spielen. Da muss ja alles stimmen, Dein Metrum, der Takt... Wenn Du den Takt - mein Musiklehrer würde jetzt sagen "europäisches Metrum" -, also der 4/4-Takt, den du schlägst, wenn Du den irgendwann verlierst, bist Du wieder völlig aus dem Takt. Wenn Du ein Schlagzeug hast, so bei Jazzstücken oder so, da bist Du ja immer auf dem Beat drauf und kannst immer in den Beat so reinsinken, aber nur Klavier und nur ich... ich find's geil.
 
Online-Magazin Im Endeffekt Ausgabe 29 · © 2003 - 2016 danielwelt.de · Impressum · Printausgabe