Little Smile
Fortsetzung von Seite 3
7) Haben Sie die Entführung und Freilassung
von Susanne Osthoff verfolgt? Ihre Arbeit für LITTLE SMILE in einem
von Bürgerkrieg beherrschten Land ist in etwa vergleichbar. Verstehen
Sie ihre Entscheidung, die ja in Deutschland Kritik hervorgerufen
hat? Wie gefährlich ist das Gebiet dort einzustufen, in dem Sie sind?
Ich habe nicht wirklich viel hier mitbekommen, wir haben kein Fernsehen
und auch nur einheimische Radiosender, die dieses Thema nun wirklich
nicht interessiert. Ich weiß nur, dass Frau Osthoff entführt und
schließlich wieder freigelassen wurde. Ob dafür Bedingungen erfüllt
wurden und Geld geflossen ist, entzieht sich meiner Kenntnis.
Ich weiß aber so viel von der Lage im Irak, dass es oft kriminelle
Banden sind, die hier ein sehr einträgliches Gewerbe verfolgen.
Ich kann nicht beurteilen, wie sehr Frau Osthoff vor Ort gebraucht
wird, unersetzlich sollte aber niemand sein. Fest steht, dass
sich ihre Familie in Deutschland viele Sorgen gemacht hat, dass
sich Menschen für ihre Freilassung sehr eingesetzt haben. Über
deren Sorgen würde ich mich nicht einfach hinwegsetzen. Grundsätzlich
stellt sich für mich immer die Frage danach, warum ein Mensch
sich für dies oder jenes entscheidet. Ich glaube, Frau Osthoff
tut auch den Menschen, die im Gastland mit ihr arbeiten oder sie
mögen keinen großen Gefallen, wenn sie zu schnell wieder dorthin
geht.
In Sri Lanka ist die Situation etwas anders. Bisher wurden Weiße
noch kein einziges Mal entführt, es gibt keine besonderen Anschläge
gegen Mitarbeiter von Hilfsorganisationen, im Gegenteil. Die weiße
Hautfarbe schützt einen ein wenig. Freilich, Bomben und Minen
kümmert das nicht. Durch das Aufflackern des Bürgerkriegs ist
es an der Ostküste unsicherer geworden,
begegnet mir dort immer
wieder Gewalt und Tod. Aber
gerade als Ausländer, als Weißer kann
ich da mehr tun und etwas sicherer sein als einheimische Mitarbeiter.
Das ist für mich der entscheidende Unterschied zur Situation im
Irak.
8) Welche Probleme behindern derzeit die Arbeit? Wie sieht es mit
Maschinen und Werkzeugen, wie mit Baumaterialien aus?
Baumaterialien sind zwar teuerer als vor dem Tsunami, aber es gibt keine Engpässe
mehr. Schwieriger ist es schon, gute Facharbeiter zu finden. Als Maurer
oder Schreiner kann man sich den Arbeitsplatz hier wirklich aussuchen.
Darum haben wir ja eine Reihe von Ausbildungsprogrammen und Kursen
gestartet, aber das dauert eben, bis die Leute so weit sind. Fast
unmöglich ist es qualifiziertes Führungspersonal zu bekommen. Sie
müssen sich vorstellen, dass etwa 50 Mal so viele Organisationen in
Sri Lanka sind als vor dem Tsunami.
Und alle brauchen lokale Führungskräfte. Meinem Leiter, Herrn Anton Weresingha,
wurde zwanzigmal so viel geboten, als er bei Little Smile verdient.
Ich bin froh, dass er trotzdem bei uns geblieben ist. Nur, einen
guten Accountant, also jemand, der für die Abrechnungen zuständig
ist, finde ich bisher nicht. Da hilft uns Gott sei
Dank ein Jahr lang Petra aus Österreich, aber eine Dauerlösung ist das natürlich nicht.
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9) Wie sieht Ihr Tagesablauf aus? Was ist von Deutschland
aus zu tun, kann geregelt werden? Wie sieht die Zusammenarbeit mit
den Einwohnern aus, wie ist ihre Mentalität?
Es macht natürlich einen großen Unterschied, ob ich im Kinderdorf in den Bergen, in
unserem Zentrum in Kalmunai an der Ostküste, im Kinderheim bei Batticaloa
oder in Galle an der Südküste bin. Ich beschreibe mal ganz kurz
den Tagesablauf der Kinder im Dorf in Koslanda:
Wir alle stehen um 5 Uhr am Morgen auf, die täglich wechselnde Kochtruppe eine Stunde
früher. Bis um 7 Uhr gibt es sehr viel zu tun in den Kinderhäusern,
damit alle 78 Kinder rechtzeitig fertig werden. Um 7 Uhr ist vor
dem Haupthaus gemeinsames Gebet. Nach dem Singen der Hymne brechen
die Kinder in die auswärtige Schule auf. Um 7:30 Uhr kommen die
Tagesarbeiter, werden die Arbeiten vergeben, um 8 Uhr ist die Besprechung
der Erzieherinnen, etwa um 9 Uhr gibt es Frühstück. Danach ist es
immer ganz unterschiedlich. Grundsätzlich gilt hier, dass wir zwar
genau planen, es aber trotzdem immer anders kommt, weil einfach
sehr viel Unvorhersehbares passiert. Um 14 Uhr kommen die Kinder
von der Schule zurück, Mittagessen, Förderunterricht, Arbeitszeit
im Garten, Waschen, Spielen, Gebet am Tempel, Studierzeit, Hausaufgaben,
allein im Bereich der Erziehung der Kinder gibt es unendlich viel
zu tun und alles ist genau geregelt. Um 21 Uhr ist für die Kleinen,
um 22 Uhr für die Großen Zapfenstreich. Ich arbeite dann meist noch
am Computer, beantworte Mails und mache Pläne, vorausgesetzt, wir
haben keinen Stromausfall, was häufiger vorkommt als mir lieb ist.
10) Was war Ihr schönstes/schlimmstes Erlebnis?
Es gibt wirklich viele schöne Momente und meist haben sie damit zu tun, dass man
Kindern ein Lächeln zurückgeben darf. Eine besonders schöne Erinnerung
verbinde ich mit diesem Weihnachtsfest. Gemeinsam mit meiner Frau
und meinen beiden Söhnen aus Deutschland haben wir mit der großen
Little Smile Familie ein sehr intensives Weihnachten feier dürfen,
nach diesem sehr schweren Jahr 2005.
Es gibt freilich auch traurige
Erinnerungen, etwa an die vielen toten Kinder in Kalmunai, an das
Weinen im überfüllten Krankenhaus. Ich habe mich da so klein und
hilflos gefühlt angesichts all der Zerstörung, all der Tränen und
der Toten.
11) Was gibt Ihnen immer wieder Kraft und Mut um weiterzumachen?
Es sind die Kinder, wenn sie wieder lächeln. Das Kinderdorf ist
mein emotionales Daheim, hier tanke ich Kraft für all die Aufgaben.
12) Wovon leben Sie und ihre Familie, machen Sie oder Ihre Frau beruflich noch
etwas um Geld zu verdienen?
2005 konnte ich nur knapp zwei Monate
zum Geldverdienen hernehmen. Ich habe da sehr intensiv für das Bayerische
Fernsehen gearbeitet, aber das genügt natürlich nicht. Wir leben
ansonsten von Erspartem, schränken uns sehr ein, sind also sehr
bescheiden, was die Ansprüche betrifft. Bei all den Aufgaben hier
in Sri Lanka glaube ich nicht, dass ich die kommenden fünf
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